Redner: Joachim Linse
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, vielen Dank fürs Wort.
Mir wird heute die Möglichkeit zu teil, mich im Namen der Fraktionsgemeinschaft Grüne/Linke zum städtischen Haushalt zu äußern.
Da sich Teile des Gremiums der „In-Mathe-war-ich-auch-immer-schlecht“-Gruppe zugehörig fühlen, werde ich den Einsatz von Zahlen auf ein Minimum reduzieren und falls jemand für die nachfolgenden Tagesordnungspunkte noch etwas Energie tanken muss, nehme ich unser Stimmverhalten gleich vornweg:
Wir werden dem Haushaltsentwurf zustimmen.
Dies geschieht jedoch nicht aus der Überzeugung heraus, hiermit den optimalen Entwurf eines Haushaltsplans vor sich zu haben, sondern schlicht in Ermangelung praktischer Alternativen
Unser Haushaltsplan ist so etwas wie unser Finanzvehikel, mit dem wir über das Jahr hindurch eine Reise von Maßnahme zu Maßnahme unternehmen und unseren Geschäften nachgehen.
Als solches muss es gewisse Anforderungen erfüllen, allein schon damit wir unterwegs nicht liegen bleiben. So sieht die BayGO vor, dass der Haushaltsplan vor Beginn des Haushaltsjahres aufgestellt und durch die Regierung genehmigt wird. Im Grunde der TÜV. Vor Antritt der nächsten großen Jahresfahrt ist die Plakette also fällig und die Verkehrssicherheit muss erwiesen werden. Wir sind da schon ein paar Monate drüber.
Hinzu kommt, dass unsere Reiseroute der letzten Jahre durchaus durch unwegsames Gelände geführt hat. Mit Pandemie, Kriegsauswirkungen, Energiepreisexplosion, Lieferkettenunterbrechungen und, und, und hatten wir ordentliche Schlaglöcher auf der Piste, die Spuren hinterlassen haben und weiterhin werden.
Laut der mittelfristigen Finanzplanung steigt unsere Pro-Kopf-Verschuldung bis 2026 auf das Vierfache des heutigen Werts, das wäre immerhin das Doppelte des bisherigen bayerischen Vergleichs-Durchschnitt. Der Spritverbrauch steigt also, die Rücklagen-Federung hängt Dank rekordverdächtiger Investitionsmaßnahmen in den Knien und für meinen Geschmack hauen wir auch noch viel zu viel Dreck aus dem Auspuff.
Jetzt könnten wir 40 Hobbyschrauber*innen also anfangen an jeder Ecke irgendetwas herumzubasteln und das Ding in alle Einzelteile zu zerlegen – ohne fachliche Anleitung wohlgemerkt – denn unsere Werkstatt wird erst Mitte des Jahres mit einem neuen Kämmerer besetzt. Im Ergebnis also mit hoher Wahrscheinlichkeit kaputt reparieren. Oder aber wir stellen unseren „Schilder & Füßle“-Gebrauchtwagen so schnell wie möglich zum TÜV der Regierung von Schwaben und überlegen uns bereits jetzt, wie wir mit einem möglichen Mängelbericht umgehen, sprich wir befassen uns in den Fraktionen mit der Priorisierung verschiedener Maßnahmen, um die Verzögerung der Haushaltsgenehmigung auf ein Minimum zu reduzieren.
Alternativ droht uns sonst nämlich wieder so ein Summer of 69 (sh. Art. 69 BayGO – vorläufige Haushaltsführung), der uns in den Gestaltungsmöglichkeiten, vor allem bei den freiwilligen Leistungen, stark einschränkt.
Vor diesem Hintergrund möchte ich abschließend auch darum bitten, nach Genehmigung des Haushalts 23 und Einarbeitung des Kämmerers möglichst schnell in die ersten Debatten zum Haushalt 24 einzutreten, damit wir bei dieser Thematik endlich einmal mehr Tempo auf die Straße bringen und uns der gesetzlichen Forderung von „spätestens 1 Monat vor Beginn des Haushaltsjahres“ zumindest annähern