Liebe Annalena, lieber Robert,
liebe Claudia und liebe Ekin, liebe Koalitionsverhandler*innen,
dieses Jahr haben wir ein historisches Wahlergebnis für die Grünen in Bayern und im Bundestag erreicht. Als starke bayerische Stimme im Bundestag ist es unser Ziel, die grünen Interessen sowohl in Bayern als auch im Bund voran zu bringen.
Nun verfolgen wir mit Besorgnis die Nachrichten und haben Sorge, dass die Koalitionsverhandlungen nicht im Sinne von uns Grünen verlaufen. Unsere Kernforderungen, die wir als Grüne gestellt haben, wurden mit schwammigen Formulierungen abgespeist, die am Ende des Tages nichts wert sein werden. Unsere Ziele für die nächsten vier Jahre sind echter Klimaschutz und dessen Umsetzung, artgerechte Tierhaltung und Artenschutz, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe, eine starke Demokratie mit sinnvoller, ernsthafter Bürger*innenbeteiligung und ein starkes Europa. Was hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, wissen wir leider nicht genau, aber wie kann es sein, dass die Grünen bei den Verhandlungen sogar derart in die Defensive geraten, dass sie jetzt schon die Umweltverbände zu Hilfe rufen, um ihren eigenen Forderungen Nachdruck zu verleihen?
Wenn wir nun auf die FDP schauen scheinen all ihre Forderungen 1:1 in den künftigen Koalitionsvertrag übernommen zu werden (kein Tempolimit, keine Abstriche bei der Pendlerpauschale und beim Dieselprivileg, keine Steuererhöhungen…). Die zur Schau gestellte Zufriedenheit der FDP läßt mutmaßen, dass die Kompromisse eher einseitig sind. Zumindest von außen betrachtet. Und mit dieser Außenbetrachtung sind wir hier vor Ort oder im Netz konfrontiert. Die sehr schnelle Preisgabe des Tempolimits erweckte leider den Anschein, dass es zur Verhandlungsmasse als Wegwerfangebot zählte und nicht wirklich ernsthaft erwogen gewesen wäre.
Wie viele (gewichtete) Prozent des Wahlprogramms werden wir verwirklichen?
Im Vergleich zu bestehenden Gesetzen der Großen Koalition werden Formulierungen aus dem Sondierungspapier zitiert, die einen deutlichen Rückschritt bedeuten würden. Beleuchten wir das Klimaschutzgesetz, soll nun auf einmal nicht mehr jeder einzelne Sektor in Verantwortung genommen werden. Hier wird nun von „sektorübergreifenden Zielen“ gesprochen, das bedeutet, die erarbeiteten Sektoren, aus Verkehr, Energiewirtschaft usw. würden rückschrittlicherweise gestrichen werden. Zum ersten Mal seit langer Zeit haben wir Grünen es in dieser Größe in den Bundestag geschafft. Wollen wir nun so schnell unsere wahren Ziele aufgeben, für die wir stehen und für die wir gewählt wurden? Wir möchten weiter hinter unseren Kernpunkten stehen, wir möchten wieder gewählt werden. Wir stehen hinter unseren Klimazielen, weil deren Erreichen essentiell für den Fortbestand unserer Erde ist. Wir an der Basis übernehmen nicht die Verantwortung für eine gescheiterte Klimapolitik, die von Zugeständnissen geprägt ist und unsere grünen Werte verleugnet.
Deshalb fordern wir Euch auf, klar unsere Ziele zu verfolgen, nicht aufzugeben, auf keinen Fall in unserem Kernkompetenzbereich Klimaschutz die verharmlosenden Forderungen der Koalitionspartner zu schlucken.
Eine dringende Bitte ist auch, darzustellen, was Ihr für die Preisgabe bestimmter Positionen konkret als Gegenleistung bekommen habt. Das hilft uns auch bei der Beantwortung der Frage, ob SPD und FDP mit ihrer jeweiligen Positionierung als Klimaschutzunterstützerparteien glatt geheuchelt haben.
Lasst die Koalitionsverhandlungen so lange laufen, bis das Ergebnis stimmt. Wir haben nur eine Erde und für diese müssen wir kämpfen. Eine Kanzlerwahl am 6. Dezember hat für uns keine Priorität.
Wir stehen hinter Euch, auch wenn es noch lange dauert, bis die Koalitionsverhandlungen für uns zufriedenstellend abgeschlossen sind. Mit jedem Koalitionspartner ist es auf andere Weise schwer, das wussten wir, aber bitte macht mehr draus als das, was jetzt im Sondierungspapier steht oder in den seriösen Medien transportiert wird! Wir glauben an Euch und an eine grünere Zukunft.
Ganz herzliche Grüße,
Euer Stadtverband Memmingen,
Ursula Kaltner-Bayer, Vorständin und Sprecherin
Joachim Linse, Vorstand und Sprecher
Vorstands-Team: Sebastian Pohl, Natalie Riedmiller, Wolfgang Weiss, Rainer Schunk, Sandra Berger, Maria Zarkadas
Carmen Stürmer, Leitung Öffentlichkeitsarbeit und Mediengestaltung
SV Memmingen
Schwesterstraße 14
87700 Memmingen